Sexarbeit und Steuern – was ist wichtig?

Ob angestellt oder selbstständig – um den steuerlichen Aspekt im Bereich der Sexarbeit kommt niemand herum. Wenn du Escort werden möchtest: In Deutschland gibt es eine allgemeine Steuerpflicht, die natürlich auch für das Anbieten von sexuellen Dienstleistungen gilt. Wer sich nicht daran hält, bewegt sich im Bereich der Steuerhinterziehung, und dies zieht empfindliche Strafen nach sich. Die Kontrolle kann jederzeit – auch unangemeldet – unter anderem über den Hurenpass erfolgen.

Worauf kommt es also beim so weiten Feld der Prostitution und Steuern an? Wie können Dienstleisterinnen im Escort, als Domina, als Sexarbeiterin oder als Prostituierte sicherstellen, dass in Sachen Finanzamt alles geregelt ist? Alles Wichtige gibt es hier im Beitrag.

Sexarbeit, Selbständigkeit, Steuern – Regeln und Ausnahmen

Es ist alles andere als eine Überraschung: In der komplexen Landschaft der steuerlichen Regelungen in Deutschland müssen Steuerpflichtige sich mit feinen Nuancen und spezifischen Anforderungen herumschlagen – Verzeihung: vertraut zu machen, um sowohl die finanzielle Effizienz als auch die rechtliche Compliance sicherzustellen. Das ist im Bereich der Sexarbeit nicht anders als in jedem anderen Beruf auch. Nachstehend eine erste Übersicht:

  • Steuernummer beantragen: Vor dem Start in deinen Job als Escort musst du beim Finanzamt eine Steuernummer beantragen. Unter dieser Nummer werden später deine Umsätze steuerlich erfasst.
  • Einnahmen und Ausgaben dokumentieren: Alle deine Einnahmen sollten akribisch festgehalten werden. Auch Ausgaben sollten mit entsprechenden Belegen dokumentiert werden, da du ansonsten die Gelegenheit verpasst, deine Ausgaben steuermindernd abzusetzen.

Ausgaben können sein:

    • Miete für Arbeitsräume
    • Werbung und Marketing: Kosten für Anzeigen auf relevanten Websites, Fotoshootings für professionelle Bilder, Erstellung und Pflege einer eigenen Webseite
    • Arbeitsmaterialien: Kondome, Gleitgel, Erotikspielzeug, Desinfektionsmittel und andere Hygieneartikel
    • Arbeitskleidung, beispielsweise deine Dessous oder dein hochwertiger Lack-Catsuit
    • Fortbildungen: Kurse oder Workshops zu Themen wie Sicherheit, Gesundheit oder anderen relevanten Bereichen der Sexarbeit
    • Telefon und Internet: Kosten für ein Arbeitshandy, Internetzugang oder spezielle Apps und Dienste, die für die Arbeit notwendig sind
    • Reisekosten, zum Beispiel zu Kundenterminen
    • Gesundheitsvorsorge: Regelmäßige Gesundheitschecks, Tests oder spezielle Versicherungen
    • Kosten für Rechts- oder Steuerberatung
    • Sonstige Ausgaben: Dinge wie Make-up, Pflegeprodukte, Bettwäsche oder andere Artikel, die für den Job benötigt werden.
    • Achtung: Jede Ausgabe, sei es für Arbeitsmaterialien, Fortbildungen oder andere berufsbezogene Kosten, muss durch einen Beleg (z. B. Kassenbon oder Rechnung) nachgewiesen werden.
  • Eine wichtige Ausnahme im Bereich der Sexarbeit gewährt Escorts, Prostituierten, Dominas und allen anderen Berufen dieser vielfältigen Branche einen kleinen Vorteil: Von vielen Gewerbeämtern wird die Sexarbeit nicht als Gewerbe im Sinne der GewO (1) betrachtet. Daraus resultiert, dass Sexarbeiterinnen kein Gewerbe anmelden müssen und somit von der Gewerbesteuer befreit sind.
  • Zudem lohnt es sich, die Kleinunternehmerregelung (2) zu prüfen. Bei einem Umsatz von weniger als 22.000,- Euro pro Jahr kann von dieser Regelung profitiert werden, wodurch bestimmte Steuern nicht gezahlt werden müssen.
  • Was die Umsatzsteuer betrifft: Für sexuelle Dienstleistungen fallen in Deutschland 19 Prozent Umsatzsteuer an. Und wo es die Umsatzsteuer gibt, ist die Einkommensteuer nicht weit: Es gibt ein steuerfreies Existenzminimum (3), dieses liegt 2023 bei 9.408,00,- Euro. Liegt dein Gewinn darunter, besteht keine Pflicht zur Zahlung der Einkommensteuer.

Gut zu wissen:

  • Steuergeheimnis: Für alle, die erwägen, ein Gewerbe anzumelden: Das Finanzamt unterliegt dem Steuergeheimnis, alle Daten bleiben dort verwahrt. Natürlich wieder mit Ausnahme: Einige Finanzbehörden leiten die Daten an die zuständige IHK (Industrie- und Handelskammer weiter). Das Gewerbeamt dagegen leitet Daten automatisch an diverse Behörden weiter.
  • Hurenpass: Wer sich mit dem Gedanken trägt, sich in der Branche der Sexarbeit zu etablieren, wird es eher früher als später mit dem “Hurenpass” zu tun bekommen. Dieser ist quasi die offizielle Anmeldebestätigung für Sexarbeiterinnen im Sinne der Genehmigungspflicht des ProstSchG (Prostitutionsschutzgesetz). Ziel dieses Gesetzes ist es, Sexarbeiterinnen zu schützen und Kriminalität zu verhindern.
  • Gewerbe anmelden als Modell: Ein traditionell gängiger Kniff in der Branche war es, sich als “Modell” oder Ähnliches gewerblich anzumelden – so konnte die Privatsphäre besser geschützt werden. Doch diese Zeiten sind weitgehend vorbei. Heutzutage musst du damit rechnen, dass die Steuerfahndung deine Dienstleistungen unangemeldet überprüft.

Prostitution und Steuern: Das Düsseldorfer Verfahren

Kommen wir zum Düsseldorfer Verfahren – ähnlich wie der “Hurenpass” ein Begriff, über den in der Branche Tätige zwangsläufig stolpern werden. Hier die wichtigsten Eckpunkte:

  • Das Düsseldorfer Verfahren ist eine Pauschale zur Vorauszahlung von Steuern für Sexarbeiterinnen.
  • Achtung: Trotz der Vorauszahlung muss am Ende des Jahres eine normale Steuererklärung abgegeben werden. Die im Düsseldorfer Verfahren gezahlten Beträge können als bereits gezahlte Steuern angerechnet werden.
  • Wenn betreibende Etablissements das Geld für das Düsseldorfer Verfahren einsammeln, sollte eine Quittung ausgestellt werden. Ohne diese Quittung kann man sich die bereits gezahlten Steuern in der Steuererklärung nicht anrechnen lassen!
  • Das Verfahren wird in mehreren Bundesländern wie Baden-Württemberg, Berlin, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und im Saarland angewendet.
  • Es richtet sich hauptsächlich an Prostituierte, die im Bordell arbeiten, aber auch an Dominas oder Escorts, die sich regelmäßig in Studios einbuchen.
  • Die Pauschale variiert zwischen den Bundesländern und Kommunen und liegt zwischen 6€ und 30€ pro Arbeitstag.
  • Es gibt keine gesetzliche Grundlage für diese Sondersteuer, und es besteht viel falsches Wissen. Außerdem kann es zu einer Benachteiligung von Sexarbeitenden kommen, da sie möglicherweise unwissend zu viele oder doppelt Steuern zahlen müssen.

Nähere Informationen findest du in diesem Artikel zum Düsseldorfer Verfahren vom BesD.

Einnahmeüberschussrechnung – einfache Gewinnermittlung

Wieviel Einkommenssteuer muss ich zahlen? Wie profitabel ist meine Arbeit? Auf welcher Grundlage kann ich wirtschaftliche Entscheidungen treffen? Die Antwort auf all diese Fragen lautet Einnahmeüberschussrechnung (EÜR). Die EÜR ist die einfachste Art der Gewinnermittlung und für Kleinunternehmen üblich – im Gegensatz zur Bilanz und der doppelten Buchführung bei größeren Unternehmen. Sie legt eine einfache Formel zugrunde: Einnahmen – Ausgaben = Gewinn.

Ein Beispiel zur Verdeutlichung:

  • Eine Escortdame verdient 20.000 Euro im Jahr 2022, sie fällt also unter die Kleinunternehmerregelung.
  • Ihre Ausgaben für die Agenturprovision betragen 7.000 Euro, für diverse andere Ausgaben fallen in diesem Jahr 1.000 Euro an.
  • Laut EÜR lautet die Berechnung des Gewinns also: 20.000 Euro Verdienst minus 8.000 Euro Ausgaben = 12.000 Euro Gewinn.
  • Auf diese 12.000 Euro Gewinn fällt dann die Einkommenssteuer an.
  • Die Höhe der Einkommenssteuer lässt sich ganz einfach mit dem kostenlosen Einkommenssteuerrechner ermitteln, in diesem Fall sind es 261 Euro.

Unterstützung bei Fachverbänden

In der komplexen Welt der Sexarbeit stehen Neuankömmlinge oft vor einem steuerlichen Dilemma. Einerseits gibt es den dringenden Bedarf an Diskretion, um sich vor den kritischen Blicken der Gesellschaft zu schützen und die potenzielle Stigmatisierung zu vermeiden. Andererseits verlangt das deutsche Steuersystem Transparenz und Offenheit.

Unterstützung und weiterführende Informationen finden Sexarbeiterinnen bei verschiedenen Organisationen. Der Berufsverband Sexarbeit bietet eine Plattform für den Austausch und die Vernetzung von Sexarbeitenden und setzt sich aktiv für ihre Rechte ein. Auch der Madonna e.V. bietet Beratung und Unterstützung an und engagiert sich in Projekten zur Stärkung und Empowerment von Sexdienstleisterinnen. Es ist von unschätzbarem Wert, diese Unterstützungsangebote zu kennen und diese bei Bedarf in Anspruch zu nehmen, um massive Stolperfallen von Anfang an zu vermeiden.

Das Navigieren durch das deutsche Steuersystem ist eine Kunst für sich und eines ist klar: In einem Berufsfeld, das oft am Rande der Gesellschaft operiert, ist es zwingend notwendig, sowohl informiert als auch vernetzt zu sein. Denn nur so kann du dich in der komplexen Schnittmenge von Diskretion und steuerlicher Klarheit erfolgreich bewegen und dabei sowohl finanziell als auch rechtlich auf der sicheren Seite stehen.

  1. Praxis der Gewerbeämter https://www.foerderland.de/gruendung/amtswege/gewerberecht-und-prostitution.
  1. https://www.fuer-gruender.de/wissen/unternehmen-fuehren/buchhaltung/kleinunternehmerregelung/.
  1. https://taxfix.de/ratgeber/allgemein/was-ist-der-grundfreibetrag-wie-hoch/